von Pfarrer Gerhard Pausch am 27. Dezember 2020
Wir haben das Glück, einen Pfarrpatron zu haben, der ganz nahe dran ist an der Quelle. Johannes teilt uns in seinem Evangelium mit, was ihm in der Begegnung mit Jesus zu Herzen gegangen ist.
Im heutigen Evangeliumabschnitt lässt er uns teilhaben an einem persönlichen Ereignis, das er nie vergessen konnte. Er hat sich sogar die Stunde gemerkt: die 10. Stunde, also nachmittags um 4 Uhr. Was ist geschehen? Da ist die Rede von Andreas und von einem weiteren nicht namentlich Genannten. Man darf annehmen, dass es Johannes selber ist. Johannes der Täufer, bei dem sie bisher waren, gibt ihnen den Tipp: Seht, da geht gerade der angekündigte Messias vorbei. Die beiden lassen Johannes den Täufer stehen und folgen Jesus nach, weil sie seine Nachfolger werden möchten.
Jesus dreht sich um und stellt ihnen die grundsätzliche Frage: „Was sucht ihr?“
Was sucht ihr? Damit meint er: Was wollt ihr aus eurem Leben machen? Was ist euer Lebens-Ziel?
Wir können diese Frage auch an uns persönlich gerichtet sehen:
- Was sucht ihr, wenn ihr euer Kinder taufen lässt oder zur Kommunion und Firmung anmeldet?
- Was sucht ihr, wenn ihr jetzt Weihnachten feiert?
- Was sucht ihr, was ist euer Ziel, wenn ihr euch ehrenamtlich oder hauptamtlich in der Kirche engagiert?
Nicht wenige unserer Zeitgenossen stellen uns kritische Fragen: Warum soll ich an einen Gott glauben? Brauchen wir überhaupt die Kirche?
Hinter diesen Fragen stecken Erwartungen an uns. Sie erwarten zurecht von uns Christen Glaubwürdigkeit, Echtheit, Ehrlichkeit.
Die Kirche darf nicht ihren eigentlichen Auftrag aus den Augen verlieren. Sie ist nicht da zum Selbsterhalt.
Der Evangelist Johannes zeigt missionarische Sendung der Kirche auf – wie Jesus sie gewollt hat:
Die Menschen sollen die Freude des Glaubens entdecken und erleben. Sie sollen spüren, wie wertvoll es ist, im Glauben an Gott Halt und Orientierung zu finden. Kirche soll Gemeinschaft ermöglichen – mit Gott und untereinander.
Johannes legt uns das Wort Jesu ans Herz: Bleibt in mir und und ich bleibe in euch. Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.
Wer zur Kirche kommt, soll erleben können: Wer glaubt, ist nicht allein. Wie schön ist es, wenn Menschen sagen können: Die Kirche, die Pfarrei ist mir zur Heimat geworden.
Wir alle, die wir hier Verantwortung tragen, möchten dies ermöglichen. Wir sind da, um den Menschen Türen zu Gott zu öffnen.
Auf die Frage: Was sucht ihr? antworteten die beiden Jünger mit einer Gegenfrage: Meister, wo wohnst du?
Und seine Antwort darauf: Kommt und seht!
„Komm und sieh!“ könnte für uns als Pfarrgemeinde bedeuten:
Eine Pfarrei ist keine geschlossene Gesellschaft. Sie soll an suchende Menschen die Botschaft aussenden: Wir sind offen für dich. Schau dich um, hier könntest auch du dazugehören und hier deinen Platz finden.
Die Pfarrei St. Johannes besteht seit 1953. Für viele ist die Pfarrei zur wertvollen Heimat geworden – im Dabeisein bei den Höhepunkten des Kirchenjahres – Weihnachten, Ostern, in persönlichen Situationen von der Taufe bis zur Trauerfeier, in vielen Begegnungen und Veranstaltungen unserer kirchlichen Gemeinschaften bis hin, dass Eltern unserem Kindergarten und der Kinderkrippe ihr Kind anvertrauen.
Seit 1953 hat sich vieles im kirchlichen Leben verändert. Der erste Pfarrer Anton Breu lebte mit seiner Pfarrei in einer ganz anderen gesellschaftlichen Umgebung. Vorgestern, am 25. Dezember jährte sich sein Sterbetag im Jahr 1978. Vieles ist seit 1953 gewachsen, und vieles ist auch wieder gestorben. Und immer wieder gab es in der Pfarrei Menschen mit Ideen und Tatkraft, um sich auf veränderte Situationen und neue Herausforderungen einzulassen.
Wir sind zahlenmäßig weniger geworden, nicht erst durch die Pandemie. Wir erleben, dass Kirchgang und innere Zugehörigkeit zur Pfarrei nicht mehr selbstverständlich sind. Von manchen liebgewordenen Gewohnheiten müssen wir Abschied nehmen. Das ist eine Herausforderung – für uns und unseren Glauben.
Ein Blick in die Kirchengeschichte zeigt uns: Manchmal muss auch etwas sterben, damit Neues wachsen kann.
Mitten in den Umbrüchen und Abbrüchen wird Gott neue Aufbrüche schenken.
Mit Vertrauen auf seinen Beistand gehen wir unseren Weg als Pfarrei und Pfarreiengemeinschaft – und sind gespannt, wohin Gott uns führen will.
Hl. Johannes, du Patron unserer Pfarrgemeinde: bitte für uns! Sei uns ein verlässlicher Wegweiser in den Fragen unserer Zeit!
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